Die neue Begrifflichkeit der Integration von Ausländern in Deutschland – Andockstellen

Die neue Begrifflichkeit der Integration von Ausländern in Deutschland – Andockstellen

Inklusion und Integration: Was ist das eigentlich und warum ist es überhaupt wichtig im Zusammenhang mit qualifizierter Zuwanderung?

Es läuft nicht gut in der Praxis bei der Integration von Einwanderern in Deutschland, seien es Flüchtlinge oder qualifizierte Fachkräfte. Auch die öffentlichen Debatten laufen am Punkt vorbei. Das ist jedoch kein Wunder, denn die Prämissen stimmen nicht. Die Diskussion ist teilweise identitär geprägt und insgesamt zu wenig faktenbasiert. Was es braucht sind Andockstellen. Doch was ist das? Und welche Bedeutung haben Sie?

Der Autor dankt dem Soziologen und Gesellschaftstheoretiker Arnim Nassehi für die Anregung zu diesem Beitrag. 

Von Christoph Anders, Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsleitung bei ANDERS CONSULTING Relocation Service

Was sind Einheimische und wer ist Fremder?

Es wird viel über die Integration und Inklusion von Flüchtlingen gesprochen. Das war 2015 während der sogenannten “Flüchtlingskrise” so. Und auch vor dem aktuellen Hintergrund des Massenzustroms aus der Ukraine, verursacht durch den russischen Angriffskrieg, ist das nicht anders. Dabei bleibt die Bedeutung von Integration und Inklusion im allgemeinen Sprachgebrauch seltsam undeutlich. Sehr viele Bundesbürger betrachten Integration als eine Bringschuld der Einwanderer, egal ob sie freiwillig oder aus Not nach Deutschland kommen. Inklusion hingegen bedeutet, dass nur die Voraussetzungen gleichberechtigter Teilhabe geschaffen werden. 

Der Einwanderer ist in solchen Fällen stets der “Fremde”, der nicht zur autochthonen Bevölkerung gehört. Autochthon ist der indigene Bewohner, er kann auch der “Einheimische” sein, so sagt es die Definition. Doch der Einheimische ist ja auch schon wieder ein unklarer Begriff, denn es gehören ja Millionen von Einwanderern und deren Nachkommen bereits dazu. 

Das Unwort des Migrationshintergrundes vermeiden wir hier absichtlich. Der Begriff wirkt wie ein Brandzeichen und bedeutet letztlich, dass jemand eigentlich so aussieht wie ein Einheimischer, aber Vorsicht: Die Person ist nicht wirklich von hier. Man kann nicht umhin, zuzugeben, dass alle diese Menschen längst Einheimische sind. Aber Sie sind nicht idigen, d.h. sie gehören biologisch nicht zu derjenigen Gruppe von Individuen, die biologisch und genetisch schon immer oder sehr lange hier lebten.

Das Identitäre kommt in die Welt und verdrängt Individuum und Nation. Und was bedeutet das für das Fremdsein?

Jene in Deutschland, die bestimmte andere als “Fremde” sehen, tun dies oft aus einer identitäts-politischen Perspektive. Die AfD (“biologische Deutsche”) ist der Hauptprotagonist des Identitären in Deutschland, aber auch andere Parteien sind gefährdet, geht das Identitäre doch gern eine Liaison mit dem Populistischen ein. Einfache, leicht verständliche Parolen („Sozialtourismus“), die Nutzung von Feindbildern („Umweltterroristen“), verzerrte Darstellung und der Verzicht auf überprüfbare Fakten und Wissenschaftsskeptizismus sind vertraute Techniken der identitären wie der den vermeintlichen Volkswillen vertretenen gesellschaftlichen Gruppierungen. Sogar den Begriff der Freiheit kann man in diesem Sinne missbrauchen, denn diese ist zu schützen. Aber das gilt natürlich nur für die “Einheimischen”, die ihre Freiheit gegen die Einwanderer verteidigen müssen. Da kann sich sogar der FDP-Wähler wiederfinden. 

Neben der eigenen Individualität gibt es heute praktisch als verbindliche Gruppenidentität nur noch die Nation. Man muss schon bis Marx zurückgehen, der die Klassenzugehörigkeit als die identitätsstiftende Kategorie betrachtete. Bei Marx musste man sich seines Proletariertums bewusst sein, um nicht einen historischen Irrtum zu leben. Im Mittelalter war man Adliger, Soldat, Geistlicher, Handwerker oder freier oder unfreier Bauer. Diese Zugehörigkeit zu einer der Gruppen reichte aus, eine Identität zu haben. 

Die Nation wechselte hingegen. Manchmal war man Preuße, dann Franzose oder Russe. Je nach Lage des jeweils herrschenden Krieges und welches Herr gerade plünderte. Das ist alles längst passé. Geblieben ist die Nation. Man ist Deutscher und die anderen eben nicht. Separatistische Bewegungen bilden hier eine Ausnahme, wenn der Nationalstaat zu wenig innere Kohärenz aufweist, um unterschiedliche Landsmannschaften zu binden wie z.B. in Schottland oder Katalonien. Auch die Nation bröckelt schon als Identitätsstifter.

Wir sind das Volk! Wie man immer mehr Menschen zu Fremden macht und daraus politisch Kapital schlägt

Identitätspolitik – oder besser das Identitäre – möchten das einsame Individuum (das große Versprechen der Aufklärung: Sei, wer Du bist) wieder einbinden in einen Volkskörper, der einen gemeinsamen Willen aufweist. Dieser Wille erspart es dann dem Individuum, Tag für Tag die Frage nach dem richtigen Leben und der eigenen Befindlichkeit zu stellen. Der gemeinsame Wille wird quasi zur heilbringenden warmen Welle, in der der Einzelne aufgehen, Bedeutung erlangen und sich seinen chauvinistischen und fremdenfeindlichen Gefühlen hingeben kann. Denn: Wir sind das Volk! 

Das Identitäre sieht sogar in den anderen Volksgenossen (oder “Einheimischen”), die sich eine individuelle Meinung bilden und sich dem Volkswillen nicht beugen wollen, “Fremde”. Wer dem Willen des Volkes in Polen, einer der identitätspolitischen Hochburgen Europas, nicht folgt und für das Recht auf Abtreibung pocht, der ist aus Sicht der Regierungspartei ein “Nicht-Pole”, denn durch die abweichende Meinung gehört er oder sie nicht mehr dazu, steht außerhalb des Volkes. Ein „echter“ Fremder, der nicht mal aus Polen stammt, will man da gar nicht sein. Logisch: Hier ist Inklusion als Fremder nicht möglich, hier muss man sich wenigstens integrieren, wenn nicht gar assimilieren. 

Letztlich ist auch Puntins in der Ukraine entfesselter Krieg ein Werk des Identitären. Das Russentum befindet sich in Auflösung. Liberale Ideen und Ideale jenseits des Slavischen greifen um sich, so dass die russische Gesellschaft sich in der bisherigen Form aufzulösen droht. In der Sowjetunion waren alle im Hass gegen das System vereint. Aber es bildete sich nach dem Dezember 1991 kein neuer gesellschaftlicher Kitt, der das riesige Land zusammenhält. Für den ehemaligen Apparatschik und KGB-Mann Putin ist diese Vorstellung ein Grauen. Und wenn die Russische Föderation weder Freiheit noch Wohlstand für viele garantieren kann, werden die Leute mit der dünnen und faden Soljanka des Russentums gefüttert, das sich gegen die verwestlichte und verweichlichte Ukraine wehren muss, um nicht unterzugehen.

Ist Integration als Anpassung zu verstehen? Muss der Fremde um Einlass bitten, damit der überlegene Deutsche ihn gewährt?

Was hat das mit Integration zu tun? Ganz einfach: Wenn eine Gesellschaft auch nur im Ansatz identitär agiert, dann geraten die “Fremden”, die von außen einwandern, in die Rolle der “Fremden zweiter Klasse”. Da ist das Volk, die In-Group, zu der noch nicht mal alle Staatsbürger gehören, wenn sie nicht die Meinung des Volkes teilen. Der wirkliche Migrant gerät nun in eine echte, aussichtslose Außenseiterrolle, sozusagen am Ende der Nahrungskette. Ihm sieht man meistens sogar an, dass er nicht autochthon ist. Spätestens, wenn er den Mund aufmacht, ist der Zugewanderte entlarvt. 

Integration wurde und wird in Deutschland immer noch als ein Prozess verstanden, in dem ein “fremdes” Individuum sich einer Gesellschaft anzupassen hat, die als Nation schon existiert. Doch eine Nation, d.h. ein “Volk” kann gar nicht handeln, weil es selbst ja nur aus Individuen besteht. Nur Individuen können handeln. Diese Individuen denken – manchmal mehr, manchmal weniger in identitären Kategorien – und begegnen daher dem “Fremden” wenn nicht feindselig, so doch aus der sicheren Perspektive des Überlegenen. Die meisten Deutschen – auch Gegner der AfD – sind immer noch überrascht, wenn nicht gar beleidigt, wenn der syrische Flüchtling sich als kardiologische Koryphäe und der Flüchtende aus der Ukraine sich als IT-Spezialist und Unternehmensgründer entpuppt. Oder man sieht zum ersten Mal den Radiomoderator, der die plattdeutschen Sendungen macht, im TV. Und er ist schwarz. 

Was bedeutet das nun für Integration insbesondere beruflicher Immigration, die den Autor an dieser Stelle als Betreiber einer Relocation-Agentur besonders interessiert? Zum einen muss man feststellen, dass das Klima rauer geworden ist. Populistisches und identitäres Gedankengut sind, egal ob bewusst oder unbewusst, weit verbreitet. Zum anderen ist die Feststellung erlaubt, dass der Ansatz des einzelnen “Fremden”, der sich der Gesellschaft anpasst, insgesamt verfehlt ist. Die Hypothese: Wäre Inklusion ausreichend und das Problem gelöst?

Am besten werden die Fremden unsichtbar. Was ich nicht sehen kann, ist auch kein Problem

Was tatsächlich und tagtäglich passiert, ist, dass der “Fremde” in dem riesigen gesellschaftlichen Malstrom unserer heutigen komplexen Gesellschaft einfach verschwindet, untertaucht, d.h. die Fremden werden gar nicht erst oder nicht mehr wahrgenommen, bleiben unter der Wahrnehmungsschwelle. Sie verschwinden, weil die moderne Gesellschaft genug Nischen und Verstecke bietet, in denen man unerkannt und unsichtbar unterkommen kann. Deswegen sind so viele Konservative davon überzeugt, dass Quoten bei der Einwanderung so wichtig sind. Nicht, dass die Mehrheitsgesellschaft feststellt, dass doch so viele “Fremde” kommen, dass sie im Mahlstrom der Gesellschaft nicht mehr einfach untergehen, nicht mehr resorbiert werden können, sondern an den gesellschaftlichen Rändern quasi ausflocken, also wieder sichtbar werden wie es z.B. in Frankreich mit wilden Zelt-Camps immer wieder passiert. In einer Gesellschaft, in der 40% der Bürger und Bürgerinnen eine populistisch-identitäre Marine Le Pen als Präsidentin begehren, ist es um die Bindungskraft der Gesellschaft für Fremde schlecht bestellt. 

Doch lassen wir es bei dieser sozialen Beschreibung des Individuums als Träger des “Fremden” im Kampf mit der Mehrheitsgesellschaft erst einmal bewenden. Denn man kann Integration auch ganz anders und als einen faktischen, sachlichen Prozess beschreiben und das Soziale, Gesellschaftliche erst einmal herausnehmen. Auch ein Autochthoner, ein Einheimischer muss sachliche Kriterien erfüllen, um als solcher von allen anderen anerkannt zu werden. Seine biologische Herkunft sieht man ihm ja oft nicht an. Auch die Sprache reicht nicht als Lackmustest. Also bedarf es anderer Erkennungsmerkmale. Der Einheimische muss inkludiert sein, aber nicht integriert. 

Der echte Einheimische bedarf ja schon als Inkludierter nicht mehr der ausdrücklichen Bestätigung der Gesellschaft, nicht einmal der populistischen oder identitären Kreise. Für Autochthone gilt die Unschuldsvermutung, d.h. solange sie nicht wirklich individualistisch leben, also gegen die allgemeine Auffassung, was in Deutschland als normal oder angemessen gilt, verstoßen, gehören Sie dazu. Heute kann man dabei sogar schwul, lesbisch oder sonst etwas sein.

Das Prinzip der sachlichen Integration – wer dazu gehört, bestimmen nicht die Einheimischen, sondern die Fakten

Auch sonst ist den Einheimischen einiges erlaubt: Früher wurde jemand, der in der Öffentlichkeit den Holocaust leugnete oder zum Mord an Politikern aufrief, vor Gericht gebracht. Heute müssen die zahlreichen Täter im Netz nur fürchten, dass man ihre letzten Posts aus den sozialen Netzwerken löscht. Wenn überhaupt. Soviel dazu, was man in identitären und populistischen Kreisen in Ordnung findet und was nicht. Wehe, ein Fremder in Deutschland würde derartiges wagen. 

Welche sachlichen Voraussetzungen muss man also erfüllen, um in die Gesellschaft integriert zu sein? Einiges fällt einem sofort auf: Wer ein soziales Umfeld hat, Familie oder Freunde, gilt als sozial, d.h. als Mitglied sozialer Verbände, die Teilmengen der Gesellschaft bilden. Wer zudem seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, ist ebenfalls sozial, wobei man nicht selbst arbeiten und Einkommen erzielen muss, die Zugehörigkeit zu einem Haushalt mit ausreichendem Einkommen ist schon hinreichend. Und das Soziale hat immer auch eine geografische Dimension: Man lebt irgendwo in einer bestimmten Gemeinde und ist damit neben der Zugehörigkeit zur Nation auch ein regionales Wesen, d.h. Wuppertaler, Hamburger oder Görlitzer. In Berlin kommt man aus dem Kollwitzkiez,  aus dem Bayerischen Viertel oder dem Viktoria-Quartier. Eine Wohnung und ein Lebensumfeld sind ergo sachliche Dimensionen der Integration. 

Sprache ist wichtig, aber es gibt noch viel mehr sachliche Kriterien der Integration

Interessant ist, dass die viel beschworene Sprache gar nicht so sehr eine sachliche Voraussetzung für die Integration ist. Sozial, aus der Perspektive der Gesellschaft, ist sie wohl das Wichtigste Integrationsmerkmal, aber sachlich nicht. Wer einen deutschen Pass hat und kaum Deutsch kann, weil er oder sie im Ausland aufgewachsen ist, ist noch lange kein “Fremder”. Hier reicht dann die Kategorie “biologischer Deutscher”. Man unterstellt, dass eine solche Person keinen Grund habe, kein Deutsch zu lernen. Bei “Fremden” hingegen ist der Generalverdacht der Verweigerung der deutschen Sprache praktisch immer gegeben. Sogar Kriminalität ist sachlich kein Grund, als Deutscher nicht gut integriert zu sein. Einem deutschen Straftäter erkennt man nicht die Staatsbürgerschaft ab oder schiebt ihn nach Afghanistan ab. Das macht man nur mit “Fremden”, Und auch das nicht aus sachlichen Gründen. sondern aus gesellschaftlichen, letztlich identitären Motiven.

Fassen wir zusammen: Es gibt sachliche Faktoren, die man erfüllen kann und die mehr Inklusion als Integration bezeugen, völlig unabhängig davon, ob eine Gesellschaft implizit oder explizit eine Zustimmung erteilt. Wer in einer deutschen Mittelstadt mit kleiner Familie im Eigenheim wohnt und einer geregelten Arbeit nachgeht, im Carport einen SUV stehen hat und den Rasen anständig mäht, der gehört zur Mehrheitsgesellschaft und es ist dann völlig nebensächlich, ob er zum Islam konvertiert, grenzwertige Sexualpraktiken verfolgt, wegen zu vieler Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung den Führerschein abgeben musste oder sich die DDR zurückwünscht.

Andockstellen können voraussetzungslos genutzt werden, sie setzen keine Integration voraus, sondern führen direkt zu Teilhabe, d.h. zur Inklusion

Mit dem Soziologen und Gesellschaftstheoretiker Arnim Nassehi nennen wir diese sachlichen Faktoren ab jetzt Andockstellen. Andockstellen stehen auch “Fremden” zur Verfügung und sie können ohne jedwede soziale Integration genutzt werden, um sachlich integriert zu sein und nicht einfach im Mahlstrom der Mehrheitsgesellschaft zu verschwinden oder zur Assimilation gezwungen zu sein. Die Assimilation ist die andere Form des Verschwindens des Fremden. Er ist mitten in der Gesellschaft und nicht am Rand, aber man kann ihn einfach nicht mehr erkennen.  

Andockstellen sind sachliche Teilhabe an den entscheidenden Dimensionen der Existenz in einer Gesellschaft. Andockstellen sind damit auch nicht die Folge von oder Belohnung für Integration, sondern das genaue Gegenteil. Sie letztlich Inklusion. Nehmen wir noch mal das Beispiel der sachlichen Voraussetzungen: Familie, Einkommen, Wohnung, Ort. Und was macht die Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik Deutschland? 

Sie erlaubt es Asylsuchenden nicht, Einkommen zu erzielen. Familien dürfen nur noch beschränkt nachziehen. Eine Politik der “Lager” findet als Abschreckungsinstrument großen Anklang in der Bevölkerung. In der aktuellen Flüchtlingspolitik werden dem “Fremden” also fast alle Möglichkeiten der Nutzung der wichtigsten sachlichen Andockstellen genommen während er andächtig auf den Ritterschlag der sozialen Anerkennung und Integration durch die Mehrheitsgesellschaft bettelt. Diese Anerkennung ist damit entlarvt als eine theoretische Chimäre, die die deutsche Mehrheitsgesellschaft gut einschlafen lässt, denn so bleibt der “Fremde” draußen. Bestenfalls wird er unsichtbar. Hauptsache es werden nicht zu viele und sie flocken wieder aus. 

Der Sonderfall Ukraine

Es ist interessant, dass in dieser Hinsicht den Flüchtlingen aus der Ukraine ein Sonderstatus zukommt. Sie werden weder am voraussetzungslosen Arbeiten noch am selbstbestimmten Leben gehindert, können sich niederlassen, wo sie möchten; auch sprachliche Zwänge erleben sie kaum. Dass sie unter Umständen nie in die Ukraine zurückkehren werden, also einwandern werden, scheint ausnahmsweise niemanden zu stören.

Im Falle der verheerenden Kriege in Syrien und Afghanistan war hingegen von einer „Flüchtlingskrise“ die Rede. Diese Menschen wurden wie Fremde gesehen und auch so behandelt. Die Ukrainer hingegen bekommen das volle Set an Andockstellen und werden in Deutschland aller Voraussicht nach sehr schnell integriert und akzeptiert sein. Als „Fremder“ aus Syrien oder Afghanistan muss einem das sehr sauer aufstoßen. Es oll angemerkt werden, dass die Sicht auf die Flüchtenden aus der Ukraine vom Autor voll geteilt wird. Allein die Motivation zu solchem politischen Handeln vermag zu überraschen. Ein Schuft, wer Böses dabei denkt. 

Fachkräfte aus anderen Kulturen – auf der Suche nach einem besseren Leben

Wenden wir uns nun den in Deutschland dringend benötigten Fachkräften aus dem Ausland zu. Sie sind in erster Linie ebenfalls “Fremde”, auch wenn sie keine Flüchtlinge sind und sich dennoch vom Leben und Arbeiten in Deutschland etwas erhoffen, d.h. aus freien Stücken kommen. Wobei auch die Freiwilligkeit angesichts der Umstände in vielen Ländern dieser Welt kritisch zu hinterfragen ist. Wer in unserer durch materiellen Wohlstand getriebenen Gesellschaft könnte es denn jemandem, der über ein gehöriges Maß an Wissen und Fähigkeiten verfügt, verübeln, wenn er oder sie ein besseres Leben sucht? Hat man in Indien, Brasilien, Kolumbien, im Iran oder seit 2022 in Russland wirklich eine Zukunft? Und profitiert unsere Wirtschaft und das Gemeinwesen durch Steuern und Abgaben nicht davon?

Fachkräfte aus dem Ausland verfügen bei Ihrer Ankunft in Deutschland in der Regel schon über eine elementare Andockstelle: Sie haben einen Job und ein gehobenes Einkommen, meist in einem MINT-Beruf oder im Gesundheitswesen. Das sind Berufsbilder, in denen junge Deutsche sich wegen hoher Anforderungen, schlechter Bezahlung, geringen Aufstiegschancen und schlechtem Sozialprestige gar nicht erst engagieren. Und noch etwas fällt in dem Zusammenhang auf: Wer Berufe wie BWL oder Jura ergreift, muss weder anpacken noch kreativ sein oder viel Verantwortung übernehmen und hat trotzdem eine hohe Wahrscheinlichkeit, ein stattliches Wohlstandsniveau zu erreichen. Gut reden können und Präsenz in Meetings reichen dann schon aus, viele Sprossen der sozialen Leiter empor zu steigen. Nur “Fremde” aus anderen Kulturen glauben noch an das gute alte Märchen von echter Leistung und fairer Belohnung.

In vielen Fällen haben die Fachkräfte Familie. Seit den 2010er Jahren nimmt die Quote aber kontinuierlich ab und es kommen zu gut zwei Dritteln Singles. Pflegekräfte und Spezialisten in MINT-Berufen sind meistens jung und gut gebildet, konnten sich aber daheim noch keine Familie leisten. In vielen Fällen haben sie im Herkunftsland noch nicht einmal einen eigenen Hausstand gründen können. Meist reisen sie nur mit ein paar Koffern und einigen Kartons ein. Das wichtigste Gepäckstück ist die Hoffnung auf ein gutes, sicheres Leben in Deutschland.

Die Andockstelle Wohnen ist gefährdet – Konkurrenz, Preise und Diskriminierung verhindern Fachkräftezuwanderung

In vielen Fällen haben die nach Deutschland einwandernden Fachkräfte Familie. Seit den 2010er Jahren nimmt die Quote jedoch kontinuierlich ab und es kommen zu gut zwei Dritteln Singles. Pflegekräfte und Spezialisten in MINT-Berufen sind mehrheitlich jung und gut gebildet, konnten sich aber daheim keine Familie leisten. Sehr oft haben sie im Herkunftsland auch noch keinen eigenen Hausstand gründen können. Man kann sie dann nur mit ein paar Koffern und Kartons einreisen sehen. Das wichtigste Gepäckstück ist die Hoffnung auf ein gutes, sicheres Leben in Deutschland.

Bei der Ankunft ist es also in den meisten Fällen das erste Mal, dass die jungen Spezialisten sich um ein eigenes Heim – und das auch noch in der Fremde – kümmern müssen, den zweiten wichtigen Andockpunkt neben der Arbeit, bzw. dem Einkommen. Eine individuelle Wohnung können die hochqualifizierten Migranten bei Einreise noch nicht haben und es ist Ihnen aufgrund diverser Umstände oft auch nicht möglich, später eine vernünftige Bleibe in angemessener Zeit zu finden. Selbst deutsche Mitglieder der Mittelschicht sind auf dem Wohnungsmarkt oft erfolglos. da haben Ausländer ganz schlechte Karten. 

Steigende Zinsen zwingen Mittelstandsfamilien dazu, das Wohneigentum zurückzustellen oder aufzugeben und auf den Mietwohnungsmarkt zu drängen, was zu noch mehr Wettbewerb führt, in dem Fremde geringe Chancen auf eine bezahlbare Wohnung haben. Auch die Ukraine-Flüchtlinge drängen in den Markt für Mietimmobilien. Wohlhabende Baby-Boomer vergrößern sich für das Alter und verbrauchen so mehr als die fast 49 m², die der in Deutschland lebenden Personen durchschnittlich zur Verfügung stehen. Die öffentliche Hand schafft immer weniger geförderten Wohnraum, um auch noch 100 Milliarden für Rüstung aufwenden zu können 

Doch als ob harte Konkurrenz und hohe Preise nicht schon schlimm genug wären, kommen die Einheimischen auch noch daher und tragen mit wachsender Diskriminierung weiter zum Fiasko bei. Viele Makler und Eigentümer bestehen schon ausdrücklich darauf, keine Inder und Asiaten als Mieter zu akzeptieren. Anfragen zwecklos. Gesprochen wird darüber nur unter der Hand. 

Die Perspektive des Arbeitgebers als überlegener Geber und Gönner ist veraltet

Die Arbeitgeber der Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland, in den allermeisten Fällen auch noch in der Denke der Integration des “Fremden” in die Mehrheitsgesellschaft gefangen, sind sich des Konzepts der Andockstellen gar nicht bewusst. Integration heißt für viele Arbeitgeber, dass die Fachkraft doch froh und stolz sein muss, wenn sie nach Deutschland kommen darf, um hier für diese Firma in dieser tollen, gut bezahlten Position arbeiten zu dürfen. Die ganze Welt wartet auf diese Gelegenheit.

Und die deutsche Sprache zu erlernen, ist in einem 40-Stunden-Job mit Überstunden in der Einarbeitungsphase, in einem ohnehin ungewohnten Alltag, doch auch im Handumdrehen erledigt. Das ist die soziale Perspektive eines überlegenen Gebers, aber keine sachliche Perspektive des Interessenausgleichs der Parteien. Ja, zugegeben, der Arbeitgeber bietet die wichtigste Andockstelle bei beruflicher Integration: Den Arbeitsplatz mit dem Einkommen, das er gewährt. 

Oft unterschätzen Arbeitgeber aber, dass die Gesellschaft – und damit ist auch ausdrücklich auch die Belegschaft gemeint – nicht aufnahmebereit ist oder nur bis zu einem gewissen Grad. So ist die Praxis zu erklären, dass Sprachunterricht oder interkulturelle Trainings immer nur den “Fremden”, also den ausländischen Fachkräften, zur Verfügung gestellt werden. Wenn dies überhaupt einmal geschieht. Hier sieht man das Modell, dass der “Fremde” sich in die Gesellschaft integrieren muss, indem er sich anpasst. So gut wie nie wird die Belegschaft zum Englischkurs geschickt oder erhält ein interkulturelles Training, um die Neuankömmlinge besser zu verstehen.  

Die Politik der Andockstellen wird in den meisten Firmen ignoriert oder übersehen. Das ist oft keine böse Absicht, sondern schlicht mangelnde Erfahrung. Sehen wir uns doch die Andockstellen einmal genauer an, wobei hier kein Anspruch erhoben wird, eine abschließende Liste zu präsentieren. Typische Andockstellen finden sich durch die Inklusion sowohl von Autochthonen als auch “Fremder” z.B. in den Arbeitsmarkt, als Staatsbürger, als Rechtssubjekt, als gläubige Menschen oder Nutzer und Adressaten von Medien, als Patienten, Schülerinnen und Schüler, Studierende, Ehrenamtliche u.v.m. Für alle Fachkräfte und Spezialisten, die nach Deutschland auswandern, sind da immer wieder die großen drei sachlichen Andockstellen: Arbeitsplatz/Einkommen, soziale Interaktion in Familie, Betrieb und Gesellschaft, das Wohnen an einem bestimmten Ort.

Welche Bedeutung haben die Andockstellen für den Relocation-Dienstleister?

Als Relocation-Service nehmen wir — konträr zur gängigen Auffassung – nicht primär an einem sozialen Integrationsprojekt teil, sondern liefern Andockpunkte, damit Menschen, die als Arbeitnehmer nach Deutschland kommen nicht einfach im Mahlstrom der Mehrheitsgesellschaft untergehen und verschwinden müssen, sondern auf Andockstellen gestützt ihren Weg selbst gestalten können. Die Branche der Relocation-Service-Provider betrachtet sich oft als eine Instanz, die Integration herstellt, indem sie eine soziale Dienstleistung erbringt, die von den Arbeitgebern bezahlt wird. Sozial ist die Dienstleistung, weil die ausländischen Fachkräfte irgendwie hilfsbedürftig seien. So schlüpft der Relocater zusammen mit dem Arbeitgeber in die soziale Perspektive eines überlegenen Gebers. Das sollten wir zukünftig vermeiden. 

Gerade in der jüngeren Zeit erweisen sich die Fachkräfte aus dem Ausland zudem als sehr selbstbewusst. Mit der Globalisierung haben sich auch die Märkte für Arbeitskräfte, insbesondere auch solche für Fachkräfte und Spezialisten, globalisiert. Die Mobilität qualifizierter Arbeitnehmer hat global zugenommen. Selbst innerhalb Deutschlands ist das an der steigenden Zahl von Pendlern und immer längeren Pendelstrecken erkennbar. Doch wer ein anspruchsvolles Studium in seinem Heimatland absolviert hat und noch keine Familie oder einen Hausstand gegründet hat, wer jung und risikofreudig ist, der ist auch mobil, wenn es um die Verwirklichung von Lebenszielen geht. 

Sind die Voraussetzungen im Heimatland schlecht, z.B. die Arbeitslosenquote sehr hoch, die Gehälter niedrig, die Aufstiegschancen schlecht und die Lebensbedingungen wie Klima, Umwelt, Bildung und Infrastruktur mangelhaft, dann steigt die Motivation zur Mobilität nochmals sprunghaft an. Die zumeist jungen Talente werden dann von Firmen in der ganzen Welt umworben. Und das in einer Epoche, in der Wissen und Erfahrung die wichtigsten Rohstoffe in einer sich immer weiter dematerialisierenden Welt sind, die bald gänzlich von digitalen Techniken durchdrungen sein wird. Entsprechend hoch sind der Wert und das Selbstvertrauen der jungen Fachleute und Spezialisten.

Weniger hehre Ziele und mehr erreichen: Andockstellen

Dieses Selbstvertrauen der Arbeitnehmer gerät nun zunehmend in Konflikt mit der sozialen Perspektive eines überlegenen Gebers, der von vielen Arbeitgebern noch immer verinnerlicht wird und an der auch die meisten Deutschen festhalten, auch Nicht-Identitäre. Heute tätige Relocation-Consultants bekommen das zu spüren: Immer klarer artikulieren die betreuten Personen ihre Wünsche und Vorstellungen. Immer weniger empfinden sie, dass sie sozial bedürftig sind und integriert werden müssen, bzw. in der Bringschuld der Integration stehen. Die Welten “Fremder” und “überlegener Geber” treffen aufeinander und führen zu zahlreichen Frustrationen und Konflikten. 

Gerade Leistungserbringer in der Relocation-Branche sollten also eine andere Perspektive einnehmen und sich nicht mehr als überlegene Geber sozialer Services interpretieren, sondern als Dienstleister, um definierte Andockstellen und damit sachliche Integration zu ermöglichen. Dann arbeiten die Parteien als gleichberechtigte Partner, Konflikte werden reduziert und es können schneller gute Resultate erzielt werden. 

Daher möchte der Autor diesen Beitrag als einen Hinweis zur Entwicklung einer besseren Willkommenskultur in Deutschland verstanden wissen, die weniger hehre soziale und gesellschaftliche Anforderungen erfüllt als einfach auf fundamentaler Ebene gute sachliche Inklusion ermöglicht. Das Stichwort der “Andockstellen” soll angesichts des Erfordernisses der qualifizierten Zuwanderung dazu beitragen, vielleicht weniger zu wollen, aber dafür mehr zu erreichen. Manchmal ist weniger mehr. 

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