News vom 14. Oktober 2025 | Work-and-Stay-Agentur: Digitale Erleichterung der Fachkräftegewinnung oder gut gemeinter Fehlschlag?
Was steckt hinter der Work-and-Stay-Agentur?
Neues aus Berlin: Aus dem Bundesarbeitsministerium ist im Oktober ein Eckpunktepapier durchgesickert, das die Schaffung einer sogenannten Work-and-Stay-Agentur (WSA) vorsieht. Arbeitsministerin Bärbel Bas will damit die Einreise, den Aufenthalt und die Integration ausländischer Fachkräfte in Deutschland digital vereinfachen – ein ambitioniertes Vorhaben mit Licht und Schatten.
Ziel der Agentur ist es, die bislang komplexen Prozesse bei der Anwerbung von Fachkräften aus Drittstaaten zu zentralisieren, zu digitalisieren und deutlich zu beschleunigen. Vorgesehen ist ein digitales One-Stop-Portal, über das internationale Talente:
- Aufenthaltstitel beantragen,
- Dokumente hochladen,
- Bescheide digital einsehen können.
Auch Arbeitgeber sollen stärker eingebunden werden, etwa bei der Nachweisführung oder der Begleitung von Behördenverfahren. Die Plattform wird nicht als neue Bundesbehörde aufgebaut, sondern soll in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit, dem Auswärtigen Amt sowie mit Ländern und Kommunen realisiert werden. Die Finanzierung und Personalbereitstellung übernimmt der Bund. Einnahmen aus Verwaltungsgebühren sollen in den Staatshaushalt zurückfließen.
Politische Reaktion auf den Fachkräftemangel
Hintergrund ist der akute Fachkräftemangel in Deutschland, der sich durch den demografischen Wandel weiter zuspitzt. Laut Bundesagentur für Arbeit fehlen allein 2025 rund 500.000 qualifizierte Arbeitskräfte – Tendenz steigend. Die Bundesregierung reagiert mit Modernisierungsschritten im Fachkräfteeinwanderungsgesetz, mit der Chancenkarte (§20a AufenthG), vereinfachter Anerkennung und eben nun auch mit der Idee einer zentralen WSA.
Befürworter sehen in der WSA eine notwendige Antwort auf die Behördenrealität: Zu viele Ausländerbehörden arbeiten immer noch mit Papierakten, inkompatiblen Softwarelösungen und personellen Engpässen. Eine zentrale Plattform mit KI-gestützten Workflows könnte helfen, Doppelarbeit zu vermeiden, Bearbeitungszeiten zu verkürzen und mehr Transparenz zu schaffen.
Doch es gibt auch kritische Stimmen: Das bisherige Eckpunktepapier enthält viele Absichtserklärungen, aber wenig verbindliche Vorgaben. Besonders auffällig: Die Agentur soll keine eigene Entscheidungskompetenz erhalten – das lässt befürchten, dass föderale Reibungsverluste, unterschiedliche IT-Strukturen und lange Bearbeitungszeiten weiterbestehen.
Gefahr einer digitalen Fassade
Experten wie der Sachverständigenrat für Integration und Migration oder die PD-Beratungsgesellschaft fordern seit Jahren eine echte Zentralisierung. Doch solange die WSA nicht mit klaren gesetzlichen Standards, Fristen, IT-Verpflichtungen und Verfahrensvereinheitlichungen ausgestattet wird, könnte sie zu einer reinen „Landing-Page mit Uploadfunktion“ verkommen.
Besonders kritisch: Es gibt bislang keine Pflicht zur Nutzung der Plattform durch alle 16 Länder. Ohne flächendeckende Implementierung bleibt das Projekt Stückwerk. Schon heute leiden Antragsteller unter extrem variablen Bearbeitungszeiten – von wenigen Wochen bis zu über zwölf Monaten, je nach Region.
Fazit von Anders Consulting Relocation Service
Als erfahrene Relocation-Agentur begrüßen wir jeden ernst gemeinten Versuch, Fachkräfteeinwanderung effizienter zu gestalten. Die WSA könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein – wenn sie nicht nur als Projekt der Kommunikation verstanden wird, sondern echte Durchgriffskraft erhält. Dafür braucht es:
- gesetzlich verankerte Zuständigkeiten,
- interoperable IT-Lösungen,
- Fristen mit Sanktionsmechanismen
- sowie ein Umsetzungscontrolling auf Bundesebene.
Ohne diese Basis besteht die Gefahr, dass die Work-and-Stay-Agentur zum nächsten Papiertiger der Digitalpolitik wird – mit viel Ankündigung, aber wenig Wirkung.
Foto: Quelle Wikipedia, Urheber: Von Rainerhaufe


