Der Fachkräftemangel in Deutschland bleibt 2022 sehr hoch

Der Fachkräftemangel in Deutschland bleibt 2022 sehr hoch

Zwei Drittel der deutschen Unternehmen verzeichnen Engpässe bei Fachkräften – warum ist das so?

Alle Jahre wieder beklagt die deutsche Wirtschaft, dass ihr die benötigten Fachkräfte fehlen. Woran liegt das? An der mangelnden Ausbildungsquote oder am demografischen Wandel? Oder an der Politik? Wir kommen hier zu dem Ergebnis, dass die Unternehmen in Deutschland leider selbst Schuld sind, denn die Fachkräfte wären aus dem Nicht-EU-Ausland zu haben, aber die Wirtschaft will in großen Teilen lieber auf Altbewährtes setzen und scheut sich vor neuen Wegen in der Mitarbeitergewinnung. 

Ist es wirklich so schlimm und was können Unternehmen tun?

Von Christoph Anders, Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsleitung bei ANDERS CONSULTING Relocation Service

Das größte Problem ist die Sprache – Deutsch ist schwer und keine Weltsprache

Der Fachkräftemangel bleibt erwartet hoch. In einer Civey-Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung aus dem Sommer 2021 haben 66% der rund 7.500 Befragten aus deutschen Unternehmen Engpässe bei Fachkräften zu Protokoll gegeben. 2020 waren es noch 55%, d.h. die Situation spitzt sich weiter zu. Dass nun schon über zwei Drittel der Unternehmen über fehlendes Fachpersonal klagen, ist historisch einzigartig. 

Doch eins schon mal vorweg: Es liegt nicht an den bürokratischen Prozessen oder anderen Hindernissen bei der Rekrutierung. Der Punkt, der bislang mehr qualifizierte Zuwanderung von Fachkräften, z.B. auch dringend benötigten Pflegekräften, verhindert, sind die deutsche Sprache und mangelndes Know-how der Unternehmen. Unternehmen, die schon erfolgreich im Ausland rekrutiert haben, sehen die Probleme weit weniger drastisch. Solche, die es noch nie gewagt haben, sehen hingegen deutlich höhere Hürden, die zum Teil einfach nicht der Realität entsprechen.

Keine Digitalisierung Deutschlands ohne die nötigen IT-Fachkräfte

Sicherlich sollte man bedenken, dass bei den genannten 66% keine Gewichtung nach Wertschöpfung oder digitaler Intensität von Unternehmen enthalten ist, d.h. in allen Branchen, in denen die Digitalisierung schneller als im Durchschnitt der Unternehmen voranschreitet, dürfte die Situation noch schlimmer sein. Die Digitalisierung in Deutschland stockt auch, weil das Land selbst zu wenige Qualifizierte und Hochqualifizierte in MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) ausbildet.  

Auch ist der Mangel an Fachkräften bei größeren Unternehmen höher als bei kleineren Arbeitgebern. Gerade der Mittelstand liegt bei den Fähigkeiten, vor allem Hochqualifizierte aus dem Ausland zu rekrutieren, noch weit zurück. Viele KMUs kontaktierten uns 2021, weil sie das erste Mal eine Fachkraft aus einem Nicht-EU einstellen wollten. Viele hatten den Plan zuvor schon aufgegeben, weil sie sich den Immigration-Part mit Arbeitserlaubnis, Visum und Aufenthaltstitel überhaupt nicht zugetraut hatten und waren erleichtert, dass das mit einem Dienstleister am Ende eine Kleinigkeit ist. 

Großunternehmen haben mal wieder die Nase vorn. Den Kleinen fehlt der Mut oder der Leidensdruck ist noch nicht groß genug

Großunternehmen hingegen betreiben schon jahrzehntelang professionelles, weltweites Recruiting und arbeiten mit Immigration- und Relocation-Dienstleistern zusammen. Besonders Start-ups haben hier viel Erfahrung gesammelt und sind sehr erfolgreich im Auslandsrecruiting, vor allem auch weil den Prozess der internationalen Personalauswahl beherrschen. Die Relocation-Branche entstand hierzulande schon in den späten 90er-Jahren, ist also beileibe keine Novität. So verschieben sich die relativen Kräfteverhältnisse beim Human Capital in Richtung ungewollt noch weiter in Richtung der Großunternehmen, was sich der Mittelstand eigentlich nicht leisten kann. In Großunternehmen finden sich einfach mehr qualifizierte Personalverantwortliche, die Erfahrung in globalem Recruitment, der internationalen Personalauswahl und in der Beurteilung von Nicht-EU-Bildungsabschlüssen haben. 

Und das lässt aufhorchen: Nur 16% der Befragten aus der Civey-Studie sehen Zuwanderung als das prioritäre Werkzeug, das Qualifiziertenproblem im Unternehmen zu lösen. Sprachliche Probleme, schon bei der Mitarbeiterauswahl, nicht erst bei der Integration, werden als Ursache am häufigsten genannt (39% der Unternehmen, die schon ausländische Arbeitnehmer beschäftigen / 45% der Unternehmen, die keine Erfahrung haben). Auch Schwierigkeiten bei der Einschätzung der ausländischen Qualifikation werden häufig als Grund angegeben (28% / 40%). 

Die Schlacht um die besten Talente tobt weltweit und „the winner takes it all“

Direkt darauf folgt, dass die Bewerber falsche Vorstellungen und Erwartungen hätten (27% / 37%). Aber gerade bei den zwei letztgenannten Punkten liegt die Vermutung nahe, dass es deutschen Unternehmen an Weltläufigkeit mangelt und man noch nicht erkannt hat, dass die Personalmärkte längst auch globalisiert sind. Und wie in vielen anderen Bereichen der postmodernen Wirtschaftswelt gilt: „The winner takes it all“. Höchste Zeit also, dass deutsche Unternehmen beim Wettbewerb um die Besten weiter vorn mitmischen.

Die britische Insel ist seit dem Brexit ein fantastisches Revier für die Rekrutierung von Talenten und Fachkräften geworden

Die Briten haben sich ein gigantisches Eigentor geschossen: Der Brexit wird zum einen dazu führen, dass eine Reihe von deutschen Fachkräften dem Vereinigten Königreich den Rücken kehrt, da der Verbleib im Königreich nun bedeutend unsicherer ist und sich auch die Rahmenbedingungen geändert haben. Viele Deutsche haben das Land schon verlassen. Zum anderen war Großbritannien bislang für Fachkräfte aus der ganzen Welt das traditionell attraktivste Land in der EU. Man spricht dort sowieso Englisch, die Löhne und der Lebensstandard sind hoch und die Einwanderung war durch den EU-Rahmen vorgegeben, also verlässlich und leichter als nach dem Brexit. 

Seit 2021 ist die Einwanderung schwieriger, Großbritannien ist durch den Wegfall der EU anfällig für Diskriminierungstendenzen wie z.B. abgesenkte Sozialstandards und schlechtere Löhne geworden, und ob der Wohlstand und das Wachstum sich auf der britischen Insel weiter positiv entwickeln werden, steht auch noch in den Sternen. Und wer möchte schon als indischer IT-Spezialist nach Großbritannien gehen, wenn er für den Trip nach Paris oder Berlin ein Visum braucht, während er mit einem EU-Aufenthaltstitel über Freizügigkeit in einer Union von rund 450 Millionen Einwohnern verfügt? 

Warum also in die Ferne schweifen, wenn das Gute auf der Insel direkt vor Europa liegt?

Höchste Zeit also für deutsche Unternehmen, das Vereinigte Königreich als Rekrutierungsland zu betrachten und dort die besten Talente zu finden und nach Deutschland zu locken. Das gilt für Ingenieure wie für IT-Spezialisten, aber auch für Pflegekräfte, insbesondere solche, die ursprünglich aus Drittstaaten außerhalb Großbritanniens kommen, z.B. aus Indien oder Kenia.

Der Vorwand der deutschen Sprache ist nur vorgeschoben – tatsächlich sprechen die Deutschen zu wenig Englisch

Die Aussage, dass die deutsche Sprache einer der größten Hindernisse bei der Integration von gewerblichen (Qualifizierte) wie akademischen (Hochqualifizierte) Fachkräfte ist, ist so richtig wie auch falsch. Die Deutschen mit Ihren über 80 Millionen Einwohnern sind es traditionell gewohnt, sich für ein Land zu halten, in dem eigentlich jeder leben möchte. Aber Fachkräfte sind keine Flüchtlinge. Sie können es sich aussuchen, wo sie die besten Arbeits- und Lebensbedingungen finden. Gedanken, dass Deutsch keine Weltsprache und zudem auch nicht sehr einfach ist, machen sich Deutsche in der Mehrheit auch nicht. 

Dabei muss man nur in die kleineren Länder Skandinaviens schauen. 10 Millionen Menschen leben in Schweden, knapp über 5 Millionen in Norwegen und ein paar mehr in Dänemark. Auch wenn diese Länder Ihre eigenen Probleme mit Populismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung haben, so sprechen praktisch alle Bürger gut Englisch und wenden es im Berufsleben auch vielfältig an. Nicht jeder, der diese Länder durch sein Können oder Wissen bereichert, muss also die praktisch nur im Inland gesprochene Landessprache perfekt beherrschen, sondern kann in sehr vielen Unternehmen auf eine Kultur der Lingua Franca der Postmoderne, des Englischen vertrauen. 

Das Problem sind nicht die Ausländer – das Problem ist der „deutsche Michel“, der immer noch denkt, die Globalisierung mache vor der deutschen Grenze halt

In Deutschland wird in wesentlich weniger Unternehmen Englisch gesprochen als in Skandinavien, außer in Start-Ups und Tech-Firmen, wo das seit den 2000er-Jahren selbstverständlich ist. Das Problem ist also nicht der „Ausländer“, der kein Deutsch spricht, sondern die deutsche Leit- und Unternehmenskultur, die „zu deutsch“ ist.

Für Pflegekräfte gilt das sicher nicht, und für viele andere Berufsgruppen auch nicht, die einfach Deutsch sprechen müssen, aber die Herausforderungen der Digitalisierung in deutschen Unternehmen kann man nicht bestehen, wenn alle darauf bestehen, in allen Meetings und Abteilungen nur Deutsch zu sprechen. Deutschland muss sich nicht nur infrastrukturell besser aufstellen, sondern auch kulturell. 

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